Presseinformation
Tiefschwarzer Tag in der Frauenhausarbeit: Mit 30. Juni verlieren wir zwei autonome Frauenhäuser in Salzburg – wegen politischer Willkür und Fahrlässigkeit!
Wien/Salzburg, 22.6.2021. Mit Ende Juni schließt das Frauenhaus in Hallein endgültig und wir verlieren damit 8 Frauenhausplätze und 12 Kinderschutzplätze in der Stadt Hallein, der zweitgrößten Stadt im Bundesland Salzburg. Auch das Frauenhaus in Salzburg wird zwei Organisationen übergeben, die keine Expertise im Gewalt- und Opferschutz haben.
„Der Verein AÖF mit mehr als 30jähriger Expertise und Knowhow in der nationalen und internationalen Frauenhausarbeit hat sich – trotz fragwürdiger und sinnloser Ausschreibung – beworben, wurde jedoch von der Kommission abgelehnt – intransparent und ohne nachvollziehbare Begründung. Wir sind sehr besorgt um das Wohl der gewaltbedrohten Frauen und Kinder in Salzburg – denn noch immer fehlt es an einem transparenten Konzept seitens der neuen Betreiber“, so Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF).
Das ist das Ergebnis der verantwortungslosen und fahrlässigen Politik in Salzburg!
Über 1.000 Frauen mit rund 900 Kindern haben in den letzten Jahrzehnten im „Haus Mirjam“ Schutz gesucht, qualifizierte Betreuung erhalten und wieder in ein Leben in Sicherheit und ohne Gewalt zurückgefunden. Doch mit 30. Juni wird es im Tennengau kein Frauenhaus mehr geben – durch die sinnlose und nicht nachvollziehbare Ausschreibung der Frauenhäuser Hallein und Salzburg durch Landesrätin Andrea Klambauer muss das Haus Mirjam schließen.
Politik auf dem Rücken von gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern
Jedoch sind Frauenhäuser die Grundpfeiler im Gewalt- und Opferschutz und dürfen nicht mutwillig zerstört werden! Sie bieten umfassende Hilfe und individuelle Unterstützung für jede einzelne Frau, die aufgrund von Partnergewalt und familiärer Gewalt fliehen muss und begleiten sie und ihre Kinder auf dem Weg in ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben.
Durch die willkürliche Schließung bzw. Neuübernahme der seit mehr als 30 Jahren existierenden und nach anerkannten Qualitätsstandards geführten Frauenhäuser in Salzburg und Hallein wird die langjährige Erfahrung und Expertise der bisherigen Leiterinnen und Mitarbeiterinnen komplett ignoriert und dequalifiziert.
Regional gut bekannte Anlaufstelle für hilfesuchende Frauen bricht weg
„Wir sind gerade dabei, unsere letzten noch im Haus verbliebenen Frauen in Wohnungen unterzubringen. Für manche von ihnen ist dieser große Schritt zurück in ein ‚normales‘ Leben allerdings zu früh erfolgt“, erläutert Leiterin Doris Weißenberger, die finalen Entscheidungen vor dem Aus für das Haus Mirjam. Jede Unterstützung fanden Weißenberger und ihre Kolleginnen sowohl bei der Gemeinde und den Behörden wie auch bei der Bevölkerung. Das Haus Mirjam, das von der Pfarre mietfrei zur Verfügung gestellt wurde, ist in der Region gut bekannt fest, verankert und geschätzt – als Besonderheit dieses Frauenhauses war der Ort, wo Frauen Schutz vor Gewalt finden konnten, den meisten bekannt.
Immer wieder haben Nachbarn geläutet und sich erkundigt, womit sie helfen könnten: „Wir waren immer gut versorgt mit Spenden, ganz egal, ob es um Bettzeug für die Frauen ging oder Spiele für die Kinder.“, erzählt die Leiterin des Haus Mirjam. Dieser niederschwellige Zugang zeigte sich auch darin, dass jede Frau, die Hilfe brauchte, wusste, wohin sie sich wenden konnte. In der Ferchlstraße 26 fanden diese Frauen Schutz vor Gewalt, professionelle Betreuung rund um die Uhr und Unterstützung bei alltäglichen Problemen und Behördengängen.
„Für die Frauen bricht mit der Schließung eine Anlaufstelle weg“, so Doris Weißenberger, „viele Frauen kommen auch viele Jahre später noch, wenn sie Schwierigkeiten haben. Wir kennen ihre Geschichten, die Hintergründe für ihre Probleme und können helfen, eine Lösung zu finden.“
Das Frauenhaus in Hallein war nicht nur Schutzraum, sondern auch Arbeitsplatz: Mit dem Ende der Frauenhäuser Salzburg und Hallein verlieren 30 bestens ausgebildete Mitarbeiterinnen mit langjähriger Erfahrung ihre Arbeit – keine einzige wird von den neuen Betreibern übernommen.
Qualitätsvolle Frauenhäuser anstatt sicherheitstechnisch fragwürdiger Experimente
Es ist unverantwortlich, dass ausgerechnet jetzt, in Zeiten der durch Corona verursachten Krise, ein Frauenhaus schließen muss und dringend benötigte geschützte Frauenhausplätze gestrichen werden. Durch die Pandemie haben die Gewalttaten innerhalb der Familie nachweislich zugenommen. Schon 14 Frauenmorde in Österreich seit Jahresbeginn belegen, wie dringend notwendig erhöhter Gewaltschutz ist – die von Landesrätin Klambauer angedachten und nun umgesetzten neuen „Schutzwohnungen“ ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen sind aus Opferschutz- und Gewaltschutzperspektive abzulehnen, weil sie Frauen und Kinder noch mehr gefährden können.
Mit der kompletten Schließung des Haus Mirjam fällt ein wichtiger Teil der sozialen Landschaft einer ganzen Region komplett weg. Und für Salzburg bedeutet das, dass nun mit einem noch nirgends erprobten Konzept von in der Frauenhausarbeit unerfahrenen Organisationen ein fragwürdiges Experiment auf Kosten der gewaltbetroffenen Frauen und Kinder gestartet wird.
Kontakt:
AÖF - Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser
Mag.a Maria Rösslhumer, GF
Tel.: 0664-793 07 89
www.aoef.at
Doris Weißenberger
Leiterin Frauenhaus Hallein - Haus Mirjam
Tel. 06245/80 261
www.frauenhaus-hallein.at
Mag.a Birgit Thaler-Haag
Liquidatorin der „Frauenhaus Salzburg GmbH in Liqu.“
Tel. 0664-48 605 47
www.frauenhaus-salzburg.at