Was passiert nach dem Frauenhaus, wie geht es Frauen auf ihrem Weg aus der Gewalt außerhalb der Hilfseinrichtungen?
Darüber wissen wir sehr wenig. Frauen als „Überlebende“ oder sog. „Survivor Women“, wie sie sich zum Beispiel in Spanien oder Malta nennen, bleiben in Österreich bislang unsichtbar.
Die AÖF-Tagung im Juni konzentrierte sich daher auf die öffentliche und interne Diskussion rund um die Begriffe „Opfer” / „Betroffene“ / „Überlebende” von Partnergewalt und deren Bedeutung für die Unterstützungsarbeit.
Die AÖF-Frauenhäuser thematisierten in jüngster Vergangenheit verstärkt die Unsichtbarkeit und fehlende Stimme von Survivor-Frauen als Gewaltbetroffene bzw. Überlebende von Partnergewalt. Die im Juni stattgefundene bundesweite AÖF-Tagung stand daher ganz im Zeichen neuer Impulse in der Frauenhausarbeit.
Bereits im Jänner diskutierten die Leiterinnen der AÖF-Frauenhäuser im Workshop mit Genderexpertin und Anti-Gewaltforscherin Dr.in Birgit Wolf den opferzentrierten Diskurs und das Fehlen der Stimme von Frauen, die es geschafft haben. Nun haben AÖF-Frauenhausmitarbeiterinnen und -leiterinnen diese Diskussion bundesweit unter dem Titel „Opfer – Betroffene – Überlebende: Reflexionen zum öffentlichen und internen Diskurs über Frauen mit/von Gewalterfahrungen“ fortgesetzt.
Mag.a Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins AÖF, ist schon seit längerem bemüht, betroffene Frauen in die Informations- und Vereinsarbeit miteinzubeziehen:
„Denn sie sind die Expertinnen ihrer Situation und benötigen unser Ohr und unsere volle Unterstützung auch nach dem Frauenhausaufenthalt.“
Dr.in Birgit Wolf, die Anti-Gewaltinitiativen in Österreich und Spanien untersucht hat, berichtet:
„Durch meine Forschungsarbeit in Spanien habe ich Survivor-Frauen als Aktivistinnen kennengelernt, die bei Konferenzen lautstark vertreten sind, eigene Kampagnen, Workshops uvm. durchführen. Bislang haben wir es in Österreich nicht geschafft, ein Klima herzustellen, das es Frauen ermöglicht, auch öffentlich über ihre Gewalterfahrung zu sprechen, ohne dabei stigmatisiert zu werden. Das AÖF-Netzwerk kann viel zu einer Veränderung beitragen, daher ist mir die Perspektive auf das Erfahrungs- und Überlebenswissen von gewaltbetroffenen Frauen ein sehr wichtiges Anliegen.“
Elaine Campagno, Woman Survior und Begründerin der SOAR Support and Advocacy Group, Malta, betonte via Video-Konferenzschaltung bei der AÖF-Tagung:
„Das Leben nach einer Gewaltbeziehung, wie es Frauen nach zwei, fünf, zehn Jahren geht, steht nicht im öffentlichen Interesse, das wollen wir ändern. Wir haben den Prozess, sich aus eine Gewaltbeziehung zu befreien, durchgemacht und wissen ganz genau, wie wir Frauen darin unterstützen und ermutigen können“.
Mag.a Gabi Plattner, stellvertretende Obfrau des Vereins AÖF und Leiterin des Tiroler Frauenhauses unterstreicht die Bedeutung einer möglichen „Wissensvervielfachung“ und damit die Steigerung der Handlungsmöglichkeiten:
„Es gilt vor allem auch das Erfahrungswissen der Betroffenen und Überlebenden von Gewalt vermehrt mit dem Fachwissen der Mitarbeiterinnen zu kombinieren.“
Daher zeigt sich AÖF-Obfrau und Leiterin des Frauenhauses Salzburg, Mag.a Birgit Thaler-Haag erfreut über die neuen AÖF-Strategien in der Frauenhausarbeit:
„Wir möchten neue Akzente in der Frauenhausarbeit setzen und zum Beispiel im Rahmen von eigens organisierten Frauencafés oder Erzählcafés das Thema ‚Selbstorganisation / Frauen-Survivor-Gruppen‘ einbringen und ehemalige Bewohnerinnen als Rollenvorbilder oder ‚Überlebende‘ einladen.“
Frauen, die den Weg aus einer Gewaltbeziehung geschafft haben, können betroffene Frauen motivieren, ermutigen und bestärken. Es ist dringend notwendig, auch öffentlich ein respektvolles Klima zu schaffen, damit sich betroffene Frauen endlich offen und ohne Gefahr von Stigmatisierung und Vorurteilen „outen“ können und damit auch weitere Frauen auf ihrem Weg in ein gewaltfreies Leben bestärken.
Kontakt:
- Mag.a Maria Rösslhumer (Geschäftsführerin des Vereins AÖF): 0664 / 793 07 89
- Mag.a Birgit Thaler-Haag (Obfrau des Vereins AÖF, Leiterin Frauenhaus Salzburg): 0664 / 486 05 47
- Dr.in Birgit Wolf (Gender-Expertin und Anti-Gewaltforscherin): 0664 / 995 85 15